Stellungnahme von Dr. Andreas Ströhle zum IFS-Kompromiss im Brucker-Stadtrat

Stellungnahme von Dr. Andreas Ströhle zum IFS-Kompromiss im Brucker-Stadtrat

Dem Philosophen und Staatsmann Francis Bacon wird die zeitlos wahre Äußerung „Wissen ist Macht“ zugeschrieben; in Artikel 20, Absatz 2, Satz 1 des Grundgesetzes heißt es: „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus.“ Wenn man diese beiden Aussagen kombiniert, ergibt sich, dass die Bürgerschaft unserer Republik einen moralischen Anspruch auf uneingeschränkten Zugang zu politischen Informationen hat – es sei denn, berechtigte Interessen des Datenschutzes stehen dem entgegen. Dem hat der Stadtrat von Fürstenfeldbruck nun endlich (zum Großteil) Rechnung getragen.

In der letzten Stadtratssitzung vom 24.10.2017 wurde die „Satzung zur Regelung des Zugangs zu Informationen des eigenen Wirkungskreises der Stadt Fürstenfeldbruck (Informationsfreiheitssatzung)“ verabschiedet. Hinter diesem Wortungetüm verbirgt sich ein wichtiger Schritt in Richtung gläserner Staat und Stärkung der Demokratie durch die Verbesserung der Partizipationsmöglichkeiten der Bürgerschaft. Alle Informationen, über welche die Stadt verfügt und nicht dem Datenschutz unterliegen wie persönliche Daten und Geschäftsgeheimnisse, können nun von der Brucker Bürgerschaft OHNE ANGABE VON GRÜNDEN eingesehen werden.

Der Antrag auf Erlass einer Informationsfreiheitssatzung (IFS) wurde im Herbst 2016 von mir ausgearbeitet und von allen im Stadtrat vertretenen Parteien zusammen eingereicht. Er enthielt eine Mustersatzung des Bündnisses „Informationsfreiheit für Bayern“, die aus juristischen Gründen im Mai 2017 überarbeitet werden musste und von mir um folgende Passagen erweitert wurde:

Die Stadt Fürstenfeldbruck veröffentlicht [...] insbesondere

- Öffentliche Tagesordnungen mitsamt allen zugehörigen Unterlagen des Stadtrats und seiner Ausschüsse, […]

und

Unterlagen zu öffentlichen Sitzungen des Stadtrats oder seiner Ausschüsse sind rechtzeitig vor den Sitzungen - grundsätzlich mit der Versendung an die Stadträte, spätestens drei Tage vor der Sitzung - zu veröffentlichen.

Dies sollte ermöglichen, dass sich jede interessierte Bürgerin und jeder interessierte Bürger vorab ausführlich über die Themen informieren kann, die im Stadtrat und seinen Ausschüssen behandelt werden. Bürgerbeteiligung kann nur funktionieren, wenn die Bürgerschaft auch ausreichend informiert ist. Kantisch formuliert: Der freie Zugang zu politischen Informationen ist die Bedingung der Möglichkeit verantwortungsvoller politischer Teilhabe.

Die Stadtverwaltung hat hierzu große Bedenken angemeldet und vor Missbrauch der Daten, Probleme mit dem Datenschutz und einem unangemessen hohen Arbeitsaufwand gewarnt. Kurios werden diese Bedenken, wenn man weiß, dass alle Unterlagen zu den öffentlichen Tagesordnungspunkten des Stadtrats und der Ausschüsse auch der Presse zugänglich gemacht werden. Selbstverständlich müssen Unterlagen, die an die Presse gehen, den Datenschutzrichtlinien entsprechen, daher verstehe ich nicht, wieso es zu einem erheblichen Mehraufwand kommen sollte, wenn man sie nun auch der Bürgerschaft zugänglich gemacht hätte. Und die Kernfrage lautet: Wieso soll die Brucker Bürgerschaft nicht dasselbe Recht wie die Presse bezüglich des Zugangs zu eigentlich öffentlichen Daten der Stadtverwaltung haben?

Aus manchen Fraktionen kamen zu diesem Punkt äußerst befremdliche Aussagen: Man dürfe den Bürgern den Zugang zu Informationen nicht zu leicht machen, denn sie sollten sich darum bemühen müssen und Initiative zeigen (CSU). Die Bürger wären überfordert, wenn man ihnen so viel Informationen zukommen ließe (FW). Der Verwaltungsaufwand lohne sich nicht, da sich zu wenige Brucker für die gesamten Unterlagen interessierten (FDP).

Letztendlich wurde bezüglich der Unterlagen ein Kompromissvorschlag mit knapper Mehrheit verabschiedet, und zwar werden nun alle Sachvorträge der Verwaltung zu den Tagesordnungspunkten der Sitzungen veröffentlicht, jedoch ohne Anhänge und weitere erläuternde Unterlagen. Da viele Sachvorträge ohne Anhänge jedoch unverständlich sind – vor allem Bauvorhaben –, ist dies leider kein Kompromiss zum Nutzen der Bürgerschaft. Das heißt jedoch nicht, dass die Bürgerschaft keinen Zugang zu allen Unterlagen hätte, es wird ihr unsinnigerweise nur schwerer gemacht. Aufgrund der neuen Satzung MUSS die Stadtverwaltung auf Anfrage alle öffentlichen Unterlagen zur Verfügung stellen. Warum also nicht gleich ins Netz stellen...?

Dr. Andreas Ströhle
BBV-Stadtrat

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